4 /5
Rating
★
★
★
★
Ein heftiger Wolkenbruch ließ uns die letzten Meter zur Weinstube im Eiltempo erledigen. Das zentral in Ribeauvillé gelegene Fachwerkhaus macht mit seinen kunstvollen Schnitzereien im Gebälk und der komplett in dunklem Holz gehaltenen Straßenfront richtig was her. Dieser Prototyp einer elsässischen Weinstube wirkt derart einladend, dass man gar nicht umhin kommt, hier einzukehren. Ohne Reservierung wird es jedoch schwierig im mit dem Michelin-Teller ausgezeichneten Restaurant einen Platz zu bekommen. Letzterer steht für eine Küche von guter Qualität und so waren wir gespannt, was uns Küchenchef Roland Langer auftischen würde.Mit seiner regionaltypischen „Cuisine de Terroir“ gibt er sich bodenständig und setzt dabei auf bewährte Elsassklassiker wie Hechtklößchen, Geflügellebermousse, „choucroute garnie“, Quiche Lorraine, Schneckenpfännchen, geräucherte Gänsebrust und Coq au Riesling. Nicht zu vergessen: der „Salade Ganzaliesl“ mit Sauerkraut und anderen deftigen Vertretern elsässischer Hausmannskost. Frau Meistermann, die Frau von Chefkoch Langer und Nichte der Vorbesitzer, managte an diesem Abend den Service alleine und das auf eine sehr freundliche und unaufgeregte Art und Weise. Nach und nach füllte sich die gute Stube, deren Wandfresken an die Zeit der umherziehenden „Ménétriers“ erinnern. Ein wenig erinnerte mich diese urige Schänke an die Eselsburg (Neustadt-Mußbach) auf pfälzischer Seite, obwohl das Interieur bei weitem nicht so kunstvoll ausfällt, sondern eher rustikal anmutet. Eigentlich besteht die komplette Inneneinrichtung aus Holz. Lediglich der Fliesenboden hebt sich von seiner Materialbeschaffenheit ein wenig ab. Kernige Holzstühle, gepolsterte Wandbänke, karierte Tischdecken und eine schnörkellose Eindeckung sorgen für Wohlfühlatmosphäre. Salz- und Pfefferstreuer aus Steingut, bauchige Wassergläser und die typischen Weißweingläser (leider ohne den obligatorischen grünen Stiel) zieren die Tische. Trockenblumensträuße unterschiedlichster Zusammenstellung baumeln von der derben Holzdecke, deren eingelassene Strahler für die stimmige Beleuchtung des Gastraumes Mitverantwortung tragen. Ergänzt werden sie von antiquiert anmutenden Wandleuchten, die von weitem wie leuchtende Weinkelche wirken. Ein ländlich-bäuerliches Weinrefugium wie aus dem Bilderbuch für Elsässer Lebensart.Beim angebotenen Menu Terroir für gerade mal 26 Euro hat man bei jedem der drei Gänge mehrere Wahlmöglichkeiten. Im Prinzip kann man bei diesem Angebot an Elsässer Spezialitäten gar nichts falsch machen. Der „Salade vigneronne“ (Wurstsalat mit Käsestreifen) war ein Zugeständnis meinerseits an die schwülwarme Witterung. Das „Choucroute garnie“ wurde mir am Abend davor vom Wirt des Gambrinus, der uns dankenswerter Weise den Tisch reservierte (er ist mit Chefkoch Langer gut bekannt, Anm.), ans Herz gelegt und war somit als Hauptspeise gesetzt. Meine Begleitung wählte das Cordon Bleu vom Kalb mit Münsterkäsefüllung (19 Euro) von der Schiefertafel mit den Tagesempfehlungen.Bei den Weinpreisen musste ich ganz schön schlucken. Scheinbar ist der gemeine Elsass-Tourist immer noch bereit, diese völlig überteuerten Preise zu bezahlen. 8 Euro für ein schnödes Viertel Muscat vom ortsbekannten Winzer Jean Sipp sind definitiv zu viel des Guten. Da stimmt der Preis in keinem Fall mit der gebotenen Qualität überein. Was das betrifft mussten wir eine gewisse Diskrepanz zwischen Essen und Trinken während unseres Elsass-Trips häufiger feststellen. Bei den Speisen ist das PLV meist völlig in Ordnung. Das traf auch auf das Pfifferhüs zu. Aber bei den Getränken wird einfach zu sehr hingelangt, da kann auch die 3-Euro-Flasche Carola aus der örtlichen Quelle nichts rütteln. Mit dem schön sauer angemachten Straßburger Wurstsalat und seiner frisch aufgeschnittenen Cervelat war ich sehr zufrieden. Das als „bestes Sauerkraut“ in der Gegend angepriesene „Choucroute garnie“ war ordentlicher Standard. 5 verschiedene „Schweinereien“ bedeckten das aromatisch nach Weißwein duftende Kraut, das ruhig noch mehr „Schmackes“ hätte haben dürfen. Die hervorragende Scheibe Kassler und der nicht minder leckere Pöckelbauch sind mir noch in schmackhafter Erinnerung. Zwei Alibi-Salzkartoffeln lagen etwas verloren am Tellerrand. Von den beiden Würsten machte die Montbéliard-Variante klar das Rennen gegenüber dem gewohnt geschmacksarmen Würstchen Wiener bzw. Frankfurter Art.Das Cordon Bleu präsentierte sich schön zart und goldbraun gebacken. Der zerlaufene Münsterkäse im Inneren wartete förmlich auf den erlösenden Anschnitt. Flankiert von leicht bissfestem Julienne-Gemüse und einer übersichtlichen Bratkartoffelportion. Die Sauce à la Crème wurde in einer kleinen Saucière mit auf den Teller gestellt. Ein paar mit Vinaigrette übergossene Salatblätter komplettierten die Portion, von der man schon wegen des mächtigen, mit Schinken und Käse gefüllten Kalbsschnitzels gut satt wurde.Mein Terroir-Menü hatte noch einen Dessert-Gang zu bieten. Dem hausgemachten Nougat-Eis konnte ich nicht widerstehen. Gezuckerte Erinnerungen, die wie Honig am Gaumen kleben bleiben! Ein süßer Schlusspunkt, zu dessen begleitender Crème anglaise noch ein paar Früchte frische Akzente beisteuerten. Fazit: Im Pfifferhüs lässt sich die deftige Elsassküche vortrefflich genießen. Man sitzt fabelhaft und einem geselligen Abend steht - außer den abgehobenen Weinpreisen - nichts entgegen.